Matthias Schwab

UMSCHAUN

Die alltäglichen und sehr gewöhnlichen Handlungen, die dieser Ausstellung zu Grunde liegen, drohen uns, als bewusste Handlungen, im täglichen Leben nur allzu leicht abhanden zu kommen. Sie entgleiten uns, wie das ewige Leben, unbemerkt, driften unter dem Fokus persönlicher Zielverwirklichung aus dem Blickfeld in die Reservate der Kultur, nicht der Kunst, und manch einem sind sie nur noch als geführte Events in den gelegentlichen Refugien der Urlaubs- und Freizeitindustrie vertraut.
Dabei könnten eben diese gewöhnlichen Handlungen sogar in Worten wie »Urlaub« und »Freizeit« noch bewusst werden, wenn wir nur nicht in sprachvergessener Verharmlosung unsere Scheuklappen als Insignien der Zielstrebigkeit zur Schau trügen, um der Hinwendung zum Fremden und Anderen zu entgehen.

Denn, wer kann sich heute das nackte Umherstreifen in den Weiten einer von Odem belebten Schöpfung, schamlos und ohne Scheu, noch erlauben?
Wer kann sich heute erlauben, bei »Urlaub« noch an die paradiesischen Blätter zu denken, ehe sie aus- und abgerissen zur notdürftigen Verhüllung der endlich erkannten Triebhaftigkeit herhalten sollen?
Wer kann sich heute erlauben, bei »Freizeit« noch an Freiheit jenseits der Sinnenwelt zu denken, an Leben das nicht in den unausweichlichen Formen der Chronometer rotiert?

Die visuelle Andeutung, die diese Ausstellung leistet zeigt, dass in unseren täglichen Handlungen die Möglichkeit einer Hingabe liegt, die uns so leicht wie das ewige Leben entgleitet.

Diese Andeutung will als Kunst mit jenem »um« zwischen die Handlungen treten, um Schaun mit Umschaun zu verbinden, indem ihr Getrenntsein betont wird.

Katalog zur Ausstellung