Hilfreiche Fragen


Was noch?

Insoo Kim Berg

 

We are magic - fünf hilfreiche Fragen

Die lösungsfokussierte Kurzzeittherapie (Solution Focused Therapy) wurde seit Ende der 1970iger Jahre von Steve de Shazer (1940-2005), Insoo Kim Berg (1934-2007) und ihren Kollegen in Milwaukee, Wisconsin (USA) entwickelt. Inzwischen liegen ein Vielzahl von Studien zur SFBT vor, die belegen, dass die Lösungsfokussierte Kurzzeittherapie (SFBT = Solution Focused Brief Therapy) unter anderem bei Depressionen und Suchterkrankungen, Ängsten und Zwängen sowie bei den Folgen traumarisierender Ereignissen oder Problemen mit Konflikten und Gewalt ebenso wirksam ist wie andere anerkannte Psychotherapeutische Verfahren. Dabei fühlen sich Klienten durch eine Kurzzeittherapie weniger belastet und die durchschnittliche Behandlungsdauer ist sehr viel kürzer als bei anderen therapeutischen Verfahren.

Der lösungs- und zukunftsorientierte Ansatz basiert nicht auf irgendeinem theoretischem Modell über Menschen, Psyche oder Therapie, sondern er wurde aus der genauen Beobachtung tausender therapeutischer Gespräche entwickelt. Die Aufmerksamkeit lag darauf, was genau Therapeuten tun, wenn es Klienten gelingt, die erhofften Veränderungen in ihrem Leben zu verwirklichen.

Lösungsfokussierte Therapeuten versuchen zusammen mit dem Klienten eine genauere Beschreibung der Lebensbereiche zu  entwickeln, die sich für Lösungen als besonders hilfreich erwiesen haben. Bestimmte Fragen helfen Menschen offenbar schneller, die Fähigkeiten in sich zu entdecken oder zu entwickeln, die sie benötigen, um ihre Lebensziele zu erreichen.

Hilfreiche Fragen: Die Schlüssel zur Einfachheit

Die folgenden fünf hilfreichen Fragen1 beschreiben das wonach in lösungsfokussierten Therapien meist gefragt werden wird. Sie zeigen auch, welche Informationen und Lebensbereiche ihrer Klienten der Therapeut als besonders bedeutsam erachtet.

Einladungsfragen

Da Klienten aus unterschiedlichen Gründen in Therapie kommen, ist es wichtig die Erwartungen und Möglichkeiten der Therapie zu klären. Ziel ist es herauszufinden, unter welchen Bedingungen die Sitzung nützlich sein wird und was passieren müsste, damit der Klient am Ende zufrieden sein könnte.

Woran werden Sie morgen oder in einigen Wochen erkennen, dass diese Sitzung für Sie hilfreich war? Welche Hoffnungen bringen Sie mit in unsere Gespräche?

Was hat sich seit ihrem Entschluss eine Beratung aufzusuchen und heute bereits verbessert? Wie haben Sie dies erreicht? Wie können sie mehr davon tun?
Woran werden wir erkennen, dass die Therapie zu Ende ist?

Wunderfragen

Diese von einem Klienten erfundene Frage galt lange als Schlüsselfrage der SFBT, da sie oft hilft die Unabhängigkeit einer Lösung vom Problem zu erkennen und den Möglichkeitsraum der Zukunftsgestaltung zu betreten. Stellen sie sich also vor, Sie gehen nach einem ganz normalen Tag zu Bett, schlafen ein und schlafen einen tiefen traumlosen Schlaf, und mitten in der Nacht, während sie schlafen, geschieht ein Wunder und Ihre Schwierigkeiten oder Beschwerden sind verschwunden.

Woran werden Sie am nächsten Morgen erkennen, dass während sie schliefen ein Wunder passiert ist? Wer in ihrem Umfeld wird dies als erster bemerken? Und woran? Was genau werden sie tun, wahrnehmen, erleben? Was noch?

Ausnahmefragen

Erfahrungsgemäß haben die meisten Menschen in ihrem Leben bereits sehr viele Probleme und Schwierigkeiten erfolgreich bewältigt und gelöst. Deshalb läßt sich aus der Art und Weise, wie sie dies gemacht haben oft sehr viel für die Lösung aktueller Probleme lernen. Außerdem gibt es meist Zeiten, in denen das Problem nicht oder weniger auftritt.

Wann gab es zuletzt Momente in denen sie Ihre Probleme weniger belastet haben? Was genau war in diesen Momenten anders? Was noch? Wie könnten Sie das Auftreten von ähnlichen Momenten wahrscheinlicher machen? Was haben Sie oder andere getan, dass für Sie hilfreich war?

Skalierungsfragen

Um besser über die Unterschiede sprechen zu können, die für die Klienten echte Unterschiede bedeuten ist es oft hilfreich, alles Mögliche auf einer fiktiven und subjektiven Skala zu messen. So lässt sich leichter feststellen, was genau dazu beiträgt, das die Therapie erfolgreich wird.

Wenn Sie auf einer Skala von 0 bis 10 – wobei 10 das Wunder bedeutet – auf heute auf einer 2 sind: Was genau unterscheidet die 2 von der 0? Welchen Unterschied macht diese Verbesserung bereits? Wie sind Sie bis hierher gekommen? Was wird hilfreich sein, um die 2 zu halten? Woran würden Sie erkennen, dass Sie sich auf 3 zubewegen?

Bewältigungsfragen und Komplimente

Selten gibt es Situationen oder Krisen in denen keine Ausnahmen erkennbar sind und es schwer fällt über mögliche Fortschritte zu sprechen. Wenn dies der Fall ist, halten lösungsfokussierte Therapeuten es für das beste, sich gemeinsam anzusehen, wie es jemand gelingt derart schwierige Lebenssituationen dennoch irgendwie auszuhalten, zu bewältigen und zu verhindern, dass es noch schlimmer wird.

Wie schaffen Sie es unter diesen Bedingungen dennoch morgens aufzustehen und hierher zu kommen? Was gibt Ihnen die Hoffnung, dass es sich lohnen wird durchzuhalten? Was noch macht Ihnen Mut?

Die meisten dieser Fragen helfen dabei, besser zu erkennen, worin die einzigartigen Stärken und Fähigkeiten unserer Mitmenschen liegen. Wann immer wir etwas von dieser Schönheit im Anderen erkennen, lohnt es sich dies dem Anderen auch mitzuteilen. Denn die geteilte Freude eines Kompliments ist – nicht nur im Sprichwort – eine zweifache Freude.


1 vgl. hierzu u.a.: de Shazer, Steve et. al. Kurzzeittherapie: Zielgerichtete Lösungsentwicklung. In: Watzlawick, Paul und Nardone, Giorgio (Hrsg.): Kurzzeittherapie und Wirklichkeit. Aus dem Englischen und Italienischen von Michael von Killisch-Horn. Piper, München, 1999. S. 165-197.